Der Fuchs und die Trauben

Eine Maus und ein Spatz saßen an einem Herbstabend unter einem Weinstock und unterhielten sich.

Auf einmal zirpte der Spatz seiner Freundin der Maus zu: „Versteck dich, der Fuchs kommt!" Dann flog der Spatz rasch hinauf in das Laub des Baumes.

Der Fuchs schlich sich an den Weinstock heran. Seine Blicke hingen sehnsüchtig an den dicken, blauen und schon überreifen Trauben.

Vorsichtig spähte er nach allen Seiten. Dann stützte er sich mit seinen Vorderpfoten gegen den Stamm, reckte kräftig seinen Körper empor und wollte mit seinem Maul ein paar Trauben erwischen.

Aber sie hingen zu hoch.

Etwas verärgert versuchte er sein Glück noch einmal. Diesmal machte er einen gewaltigen Satz, doch er schnappte wieder nur ins Leere.

Noch ein drittes Mal bemühte er sich und sprang mit aller Kraft nach oben. Voller Gier streckte er sich so sehr nach den üppigen Trauben, dass er auf seinen Rücken fiel.

Aber nicht ein Blatt hatte sich bewegt.

Der Spatz, der schweigend zugesehen hatte, konnte sich nicht länger beherrschen und zwitscherte belustigt: „Herr Fuchs, Ihr wollt eben zu hoch hinaus!"

Die Maus schaute aus ihrem Versteck und piepste vorlaut: „Gib dir keine Mühe, die Trauben bekommst du ja doch nie."

Und geschwind wie ein Pfeil rannte sie in ihr Loch zurück.

Der Fuchs biss die Zähne zusammen, rümpfte die Nase und meinte hochmütig: „Die Trauben sind mir noch nicht reif genug. Und saure Früchte mag ich eben nicht."

Mit stolzem und erhobenem Haupt ging er in den Wald zurück.

Nach Äsop